Wer erinnert sich noch an die Ice Bucket Challenge? Das war im Sommer vor drei Jahren, als rund um den Globus Menschen dazu aufgerufen wurden, sich einen Kübel voller Eiswürfel über den Kopf zu kippen, das Geschehen zu filmen und als Video zu veröffentlichen. Das sorgte für Schlagzeilen, die der wenig bekannten Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) eine bis dahin nie da gewesene Aufmerksamkeit bescherte und die Spendenbereitschaft nach oben trieb. Eine ungewöhnliche und notwendige Maßnahme, denn seltene Krankheiten wie ALS finden kaum Beachtung und Betroffene stoßen auf wenig Gehör.
Woran liegt das? Viel Kritik muss die Pharmabranche einstecken, die seltene Krankheiten zumeist ignoriert, da diese kein lukratives Geschäft darstellen. Die hohen Investitionen, die von der Industrie in die Erforschung und Entwicklung neuer Medikamente gesteckt werden, entsprechen bei nur wenigen Abnehmern nicht den wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen.
Über 8000 seltene Krankheiten
ALS wird wie auch Epidermolysis bullosa („Schmetterlingskinder“), das Angelman Syndrom oder die Cystische Fibrose als seltene Krankheit betrachtet. „Selten“ heißt, dass auf 10.000 Menschen fünf Krankheitsfälle kommen. Experten gehen davon aus, dass es in Europa bis zu 8000 unterschiedliche Krankheiten gibt, die als selten eingestuft werden. In Österreich lebt etwa eine halbe Million Menschen mit einer solchen Diagnose.
Je seltener eine Krankheit auftritt, desto geringer ist auch das Bewusstsein dafür. Symptome werden erst nach vielen Untersuchungen erkannt, eine Diagnose dauert oft Jahre. Betroffene haben meist einen langen Leidensweg hinter sich und eine Vielzahl an Arztbesuchen absolviert. Trotz Schmerzen oder Krankheitsgefühl nicht zu wissen, woran man leidet, und damit auch keine Aussicht auf eine passende Therapie zu haben, stellt für Betroffene eine enorme Belastung dar. Seltene Krankheiten sind aber ob ihres geringen Vorkommens nicht minder gefährlich. Die Liste der Erkrankungen ist lang, das Gros davon ist schwerwiegend, chronisch und kann lebensbedrohliche Folgen haben.
Erstes Expertisezentrum für seltene Krankheiten
Wer von einer seltenen Krankheit betroffen ist, der ist vielfach auf Selbsthilfegruppen, private Initiativen und Vereine angewiesen. Epidermolysis bullosa (EB) erlangte in Österreich erst aufgrund der Anstrengungen der Patientenorganisation Debra Austria größere Bekanntheit. Die Initiative ist um Aufklärung rund um die angeborene und nicht heilbare Krankheit EB bemüht, unterstützt Forschungsinitiativen und leistet Betroffenen wertvolle Unterstützung.
Anfang Juni wurde am Salzburger Universitätsklinikum das erste Expertisezentrum für seltene Erkrankungen in Österreich ins Leben gerufen, das aus der von Debra Austria initiierten Spezialklinik EB-Haus Austria hervorging. Das Zentrum soll als wichtige Anlaufstelle die medizinische Versorgung von Patienten sicherstellen, die von einer seltenen Krankheit betroffen sind.
Links:
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