Es macht Eltern verzweifelt, wenn ihr kleines Baby teilweise unaufhörlich schreit. Und manche werden in ihrer Verzweiflung dann auch wütend. Der Fall eines zehn Wochen altem Baby, das vor kurzem gestorben ist << öffnet in einem eigenen Fenster– macht sehr betroffen.
Der Vater gab gegenüber der Polizei zu, das Kind geschüttelt zu haben, die Mutter war bei der Misshandlung anwesend. So sind 3 Leben zerstört. Und der tragische Todesfall ist leider kein Einzelfall. Wie viele Babys in Österreich jedes Jahr durch Schütteln entweder schwere Schäden erleiden oder sterben, ist aber unklar.
Warum schreien manche Babys so viel?
Die ehrliche Antwort ist, dass es nicht wirklich geklärt ist. Als Schreibabys bezeichnet man Babys, die an mehr als 3 Stunden pro Tag an mehr als 3 Tagen pro Woche und seit mehr als 3 Wochen schreien.
Sogenannte „Dreimonatskoliken“ werden oft als Ursache für die heftigen Schreiattacken angeführt. Das sind Blähungen bei noch unreifem Magen-Darm-Trakt, die nach einiger Zeit von selbst abklingen. Doch es sind nicht immer Bauchschmerzen.
Experten nennen als Grund für das Schreien „Regulationsstörungen“ des Kindes, das sind Anpassungsprobleme an die Welt und ihre vielen Eindrücke. Babys sind äußerst empfindlich und nehmen jede Veränderung wie Temperaturwechsel oder Luftzüge wahr. Schreibabys scheinen auffallend empfänglich für visuelle Reize zu sein und ständig stimuliert werden zu wollen, auch wenn sie schon völlig übermüdet sind.
Genau darum ist es wichtig, dass sie regelmäßig schlafen. Denn je weniger Babys schlafen, umso eher werden sie überreizt. Oft halten die Eltern dem Kind eine Rassel hin, dann unterbricht das Baby kurz sein Gebrüll, beginnt aber sofort wieder zu schreien, wenn der Reiz nachlässt. Das Baby sucht unentwegt nach Reizen und fordert sie ein.
Bitte nicht schütteln! Und was man sonst noch tun kann.
Das Wichtigste vorab: Eltern dürfen sich in Situationen überfordert fühlen. Das ist ganz normal und keine Schande. Jedem kann es einmal zu viel werden. Wenn es ganz akut ist, legen sie das schreiende Baby an einem sicheren Ort und gehen sie kurz aus dem Raum, um sich zu beruhigen. Versuchen sie so gut als möglich Ruhe zu bewahren. Und schütteln sie das Bay keinesfalls. Nie. Auch nicht ganz kurz.
Sprechen sie mit ihrer Familie oder Freunden, lassen sie sich helfen oder bitten sie aktiv um Hilfe. Wenn jemand mit dem Baby spazieren geht und sie mal eine ruhige Stunde für sich haben, ist meist schon viel gewonnen.
Gehen sie in eine Schreiambulanz
Haben sie keine scheu und sprechen sie mit Experten in den Schreiambulanzen << öffnet in einem eigenen Fenster. Die Tatsache, dass es in Wien drei Schreiambulanzen gibt zeigt, dass viele Eltern betroffen sind.
Oft ist ein Gespräch in der Schreiambulanz schon eine emotionale Erleichterung für betroffene Eltern. Die Experten klären zunächst ab, ob es ein körperliches Problem als Grund für das Schreien gibt. Wenn das ausgeschlossen werden kann, werden Stör- und Stressfaktoren im Alltag der jungen Familie gesucht. Und Lösungen dafür gemeinsam erarbeitet. Reden, Streicheln, Tragen, Wiegen, Singen, uvm kann eine Lösung sein. Sicher ist, dass das Beruhigen auch über Ihren Körper vermittelt wird. Je ruhiger und entspannter die Eltern also reagieren, umso eher beruhigt sich auch nach einiger Zeit das Kind.
In den Schreiambulanzen gibt es auch Gruppentreffen und der Austausch ist für viele Eltern befreiend, da sie sehen, dass sie nicht alleine betroffen sind.
Mein Rat: Ich bin selbst Vater und jeder kommt über die Jahre mal in eine Situation, die überfordert. Das gehört zum Elternsein dazu und ist keine Schande. Wenn sie betroffen sind, sprechen sie mit anderen und lassen sie sich helfen. Wenn sie Betroffene kennen, helfen sie ihnen und verschaffen sie diesen, einen Moment der Ruhe. Und geben sie ihnen die Kontakte der Schreiambulanzen.
Ihr Franz Bittner