Manchmal würde PatientInnen schon ein Gespräch helfen, nur haben die AllgemeinärztInnen dafür meist keine Zeit. Viele Menschen kämpfen mit Einsamkeit, Armut und psychischen Leiden. Leider ist nicht jedes Problem rein medizinisch gut behandelbar. Neun Arztpraxen in Österreich verschreiben nun auch soziale Aktivitäten, wie etwa Tanzkurse. Das Pilotprojekt soll nun ausgeweitet werden.
Das Pilotprojekt Social Prescribing
Social Prescribing ist in Österreich ein relativ neuer Ansatz. Das Konzept wurde zunächst in England entwickelt und umgesetzt. Wesentlicher Impuls für Social Prescribing war die Erkenntnis, dass soziale Bedürfnisse bzw. Belastungen von PatientInnen wichtigen Einfluss auf deren Gesundheit haben. Oft werde diese aber in der Gesundheitsversorgung nur unzureichend berücksichtigt. Es wurde damit klar, dass die Förderung/Verbesserung der „sozialen“ Gesundheit großen Einfluss auf die körperliche und psychische Gesundheit hat.
Hier setzt das Konzept der „sozialen Verschreibung“ an: Ihre Ärztin/ihr Arzt stellt ein „Rezept“ aus, und die PatientInnen gehen ein Zimmer weiter, wo eine Fachkraft – etwa ein/e SozialarbeiterIn oder eine Gesundheitsfachkraft – für ein Gespräch zur Verfügung steht. Jemand, der sich gesundheitlich angeschlagen fühlt, bekommt statt eines Medikaments auch einmal einen Tanzkurs verschrieben. Das Projekt wird vom Gesundheitsministerium << öffnet in einem eigenen Fenster gefördert und von Gesundheit Österreich organisiert. << öffnet in einem eigenen Fenster.
Wer profitiert von Social Prescribing?
Social Prescribing kann für alle PatientInnen mit nicht-medizinischen – aber gesundheitsrelevanten – Bedürfnissen und Belastungen von Nutzen sein. Die Erfahrungen zeigen, dass spezifische Zielgruppen besonders davon profitieren, wie beispielsweise:
- Ältere Menschen, insbesondere solche, die wenig soziale Kontakte haben und „ein- sam“ sind
- Chronisch sowie psychisch kranke Menschen, insbesondere solche, wo sich die Er-krankung auf verschiedenste Lebensbereiche (Arbeit, soziales Netzwerk etc.) auswirkt
- Sozial benachteiligte Menschen (z. B. armutsbetroffen, geringes Bildungsniveau,
prekäre Beschäftigung), die erfahrungsgemäß oft erschwerten Zugang zu vielen Angeboten haben - Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz oder Grundkompetenzen, die sich nur schwer alleine im Angebotsspektrum zurechtfinden
Hilfe für die Menschen und Entlastung für die MedizinerInnen
Durch das Ansprechen in der Arztpraxis bekämen „die Verhaltensänderung noch einmal einen anderen Sinn“, sagt Sozialarbeiter Pammer.
Viele Menschen brauchen zuerst ein Gespräch und Empfehlung einer ÄrztIn oder eines Artzes, um ihr Verhalten konkret zu ändern. Das haben die erst Ergebnisse aus den neun Arztpraxen gezeigt. Das betrifft vor allem ältere Menschen: Sie klagten zwar gerne, änderten allerdings erst einmal wenig. „Ganz einfach, weil sie ein anderes Zeitempfinden haben oder anders mit ihrer Lebensplanung generell umgehen“, laut Sozialarbeiter Christoph Pammer. „Da braucht es oft einen kleinen Stups von außen, damit man nicht in der Lethargie verharrt.“ Das Ziel sei, aus passiven PatientInnen aktive PatientInnen zu machen, die ihre Gesundheit selbst in die Hand nehmen. << öffnet in einem eignen Fenster.
Projektleiterin Rojatz betont, dass das Programm auch für ÄrztInnen eine Unterstützung darstellt, denn „Wir wissen, dass es sehr belastend für die ÄrztInnen sein kann, wenn sie Bedarf erkennen, aber nicht helfen können. Weil sie eben nicht die Zeit haben, mit der Person ausführlich zu reden. Zudem kennen sie auch nicht alle Einrichtungen und Vereine in der Umgebung und wissen nicht, welche Angebote es gibt.“
Mein Appell: Soziale Beziehungen können mit fortschreitendem Alter abnehmen. Isolation und Einsamkeit wirken sich dann negativ auf unsere psychische Gesundheit aus und können verschiedene Probleme verursachen. Ich begrüße es, dass hier seitens des Gesundheitssystems und Ministeriums eine sinnvolle Initiative gesetzt wird. Es bleibt dennoch sehr wichtig, darauf zu achten, mit Familie und FreundInnen in Kontakt zu bleiben und weiterhin einer anregenden sozialen Aktivität nachzugehen. Achten Sie bitte darauf in ihrem persönlichen Umfeld, wenn Menschen sich plötzlich zurückziehen und gehen sie aktiv auf diese zu. Danke.
Ihr Franz Bittner