| Franz Bittner

Rezeptpflicht für Cannabispräparate

Die Diskussionen um Cannabis gehen weiter und daher informiere ich sie heute zu diesem Thema. Denn die Meinungen zu Cannabis sind sehr gespalten, die einen sehen es als nebenwirkungsfreies Allheilmittel, die anderen betrachten es als gefährliche Droge. Cannabis ist in Österreich eigentlich illegal: Bestimmte Auszüge aus der Pflanze dürfen aber, streng reguliert, von Ärzten verschrieben werden.

CBD oder Cannabidiol ist ein Produkt aus der Hanfpflanze, das anders als das THC oder Tetrahydrocannabinol nicht berauschend wirkt. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO ist CBD als unbedenklich eingestuft. Es wird zum Beispiel bei der Behandlung von Epilepsie-Patienten eingesetzt und auch viele Krebs- und Schmerzpatienten nutzen diesen Wirkstoff.

CBD fällt in Österreich zwar nicht unter das Suchtmittelgesetz (SMG), dennoch dürfen keine Nahrungsergänzungsmittel, die mit CBD angereichert sind, mehr angeboten und verkauft werden. Der Grund dafür ist laut Gesundheitsministerium die EU Novel Food-Verordnung, nach der solche Produkte zuvor offiziell genehmigt werden müssen. Die Herstellung und der Verkauf von Cremen oder Öle auf CBD-Basis ist damit nicht mehr gestattet.

Wir haben dazu, Frau Dr. Sylvia Füszl vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und den CEO von AOP Orphan Pharmaceuticals AG, Herrn Mag. Andreas Steiner, befragt:

Frage: Wie ist der aktuelle Stand bei der Zulassung von Hanf als Medikament in Österreich?

Dr. Sylvia Füszl: Medizinalhanf (Blüten- oder Fruchtstände der Cannabispflanze) ist in Österreich aufgrund der Suchtgiftverordnung nicht verschreibbar.
In Österreich werden Cannabinoide – Wirkstoffe von Cannabis (Dronabinol und Cannabidiol) sowohl als magistrale Zubereitungen als auch als „Fertigarzneimittel“ (Sativex und Canemes) in Verkehr gebracht.

Mag. Andreas Steiner: Mit Canemes® und Sativex® stehen derzeit zwei zugelassene Fertigarzneimittel in Österreich zur Verfügung. Für eine Erweiterung der Zulassung auf zusätzliche Indikationen bedarf es Zulassungsstudien mit dem damit verbundenen Aufwand.

Frage: Wäre hier rascherer Handlungsbedarf?

Mag. Andreas Steiner: Ja, für Patienten mit einem Bedarf nach Cannabioniden in Indikationen mit medizinischer Evidenz ist ein geregelter Zugang zu qualitätsgesicherten Produkten wünschenswert.

Frage: Werden die Kosten in sehr hohem Preissegment bleiben? Oder zeichnet sich ab, dass die Kassen etwas übernehmen können?

Dr. Sylvia Füszl: Der Wirkstoff Dronabinol zählt zu den Suchtgiften und unterliegt somit dem Suchtmittelgesetz (SMG). Es ist rezept- und bewilligungspflichtig (Zuordnung zum Gelben Bereich des Erstattungskodex). Rezeptiert werden magistrale Zubereitungen in Form von Tropfen oder Kapseln. Eine Erstattung der Kosten durch die gesetzliche Krankenversicherung erfolgt bei Vorliegen einer nachvollziehbaren medizinischen Begründung, wenn mit kostengünstigeren Arzneimitteln aus dem Grünen oder Gelben Bereich des Erstattungskodex nicht das Auslangen gefunden werden kann. Es muss im jeweiligen Einzelfall eine Genehmigung durch den Kontrollarzt der jeweiligen Krankenkasse erfolgen.
Der Wirkstoff Cannabidiol wird magistral in Form von Tropfen oder Kapseln angeboten. CBD zählt nicht zu den Suchtgiften und es besteht keine Rezeptpflicht. Es erfolgt derzeit keine Kostenerstattung von magistralen Zubereitungen durch die Krankenkasse.
Die zugelassenen Arzneispeziälitäten Sativex und Canemes sind nicht im Erstattungskodex enthalten, eine Erstattung erfolgt nur in begründeten Einzelfällen.

Mag. Andreas Steiner:  Ergänzend sei noch erwähnt, dass Qualitätsstandards von Arzneimitteln einen angemessenen Preis bedingen, aber dies ist auch eine Frage der Erstattung von Cannabinoid-Präparaten nach medizinischer Evidenz.

Frage: Welche Arzneimittel mit dem Inhaltsstoff Cannabis sind derzeit in Österreich zugelassen? Bei welchen Krankheiten wird die Arznei mit Hanfinhaltsstoffen eingesetzt?

Dr. Sylvia Füszl: Cannabis ist kein Inhaltsstoff, sondern der Name der Pflanze.

Mag. Andreas Steiner:  In der medizinischen Literatur gibt es eine Unmenge an beschriebenen Anwendungen, wobei es bei genauer Prüfung derzeit nur für wenige gute Belege gibt.
Der oberste Sanitätsrat sah 2018 eine ausreichend gute Evidenz für die Anwendung in chronischem Schmerz bei Erwachsenen, chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen, sowie Spastizität bei Multipler Sklerose.

Frage: Wie/wo sehen Sie die Vorteile einer medizinischen Behandlung mit Hanf?

Dr. Sylvia Füszl: Medizinalhanf ist in Österreich nicht rezeptierbar und fällt unter das Suchtmittelrecht.

Mag. Andreas Steiner: Responder profitieren von der Wirksamkeit von Cannabinoiden bei vergleichsweise günstigem Nebenwirkungsprofil.

Frage: Darf Cannabis bei uns für medizinische Zwecke angebaut werden? Und wenn ja, von wem?

Dr. Sylvia Füszl: Der Anbau von Pflanzen der Gattung Cannabis zwecks Gewinnung von Suchtgift für die Herstellung von Arzneimitteln sowie damit verbundene wissenschaftliche Zwecke ist nur der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (die im ausschließlichen Eigentum des Bundes steht) vorbehalten.

Mag. Andreas Steiner: AOP Orphan gewinnt den Wirkstoff von Canemes®, Nabilon, vollsynthetisch.

Frage: Wie werden Ärzte geschult für den richtigen Umgang mit diesen Medikamenten?

Dr. Sylvia Füszl: Die Verpflichtung, sich mit den notwendigen fachlichen Grundlagen vertraut zu machen, obliegt dem behandelnden Arzt.

Mag. Andreas Steiner: Information und Fortbildung zu Cannabinoiden in der Medizin seitens der Ärzte- und Apothekerschaft wäre eine sinnvoll und begrüßenswerte Maßnahme.
Zur Anwendung eines Fertigarzneimittels stehen neben der medizinischen Informationsstelle des Zulassungsinhabers, ebenfalls Fach- und Gebrauchsinformation zur Verfügung.

Frage: Welchen Einfluss hat das erhöhte Aufkommen von Cannabis Medikamenten in Kanada und der USA, für Österreich?

Dr. Sylvia Füszl: Dazu liegen keine Informationen vor, weshalb eine seriöse Einschätzung nicht vorgenommen werden kann.

Mag. Andreas Steiner: Aus unserer Sicht ist das ein Trend, der starke mediale Aufmerksamkeit genießt, eventuell auch Heilsversprechen wecken und in vermehrte Patientenfragen münden kann. Daher sind eine fachlich kompetente Beratung des Patienten und die Anwendung in Gebieten mit Evidenz so wichtig.