Die kassenfinanzierte Psychotherapie ist in Österreich je nach Bundesland unterschiedlich geregelt, für Zuschüsse und Selbstbehalte sowie für die Anzahl der genehmigten Sitzungen gibt es keine einheitlichen Standards. Der Wohnort ist damit ausschlaggebend dafür, in welcher Höhe und in welchem Ausmaß Patienten eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen können. Diese Ungleichheit soll durch eine Angleichung der Leistungen beseitigt werden, wie Gesundheits- und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein im Interview erklärt.
Frau Bundesministerin, seit Jahresbeginn sind bereits ein Großteil der Leistungen der Krankenversicherungen wie Selbstbehalte und Zuschüsse in allen Bundesländern gleich geregelt. Wie fällt Ihre Bilanz nach knapp einem halben Jahr aus?
Beate Hartinger-Klein: In der Tat haben rund um die letzte Nationalratswahl die Krankenkassen begonnen, einige Leistungen zu harmonisieren. Allerdings hat man auf halbem Weg Halt gemacht und einige Bereiche auf unbestimmte Zeit verschoben, etwa Hörgeräte, Physiotherapie oder Psychotherapie, um nur einige zu nennen. Es ist gut möglich, dass diese Ungerechtigkeiten gar nicht mehr von den Krankenkassen saniert werden, sondern erst durch die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) aufgegriffen werden. Wir werden gesetzlich sicherstellen, dass Derartiges in Kürze Geschichte ist.
Die Psychotherapie auf Krankenschein wurde von diesem ersten Maßnahmenpaket ausgeklammert. Derzeit gibt es in Österreich keine einheitliche Regelung, die Zuschüsse der Krankenversicherungen für eine psychotherapeutische Behandlung fallen je nach Bundesland unterschiedlich aus. Wie weit sind die Bemühungen um eine Angleichung der Psychotherapie zwischenzeitlich gediehen?
Beate Hartinger-Klein: Wie gesagt, die Beschlussfassung über die unterschiedlichen Leistungen ist Sache der Selbstverwaltung. Da hat die Politik nur die Rahmenbedingungen vorzugeben. Aber durch die Verschlankung der Funktionärs- und Gremienstruktur können wir sicherstellen, dass es zukünftig statt neun unterschiedlichen Beschlüssen nur noch einen Beschluss geben wird, der dann für alle Versicherten der ÖGK gilt. Spätestens dann ist der Zuschuss für jeden gleich hoch.
Welche Maßnahmen stehen ganz oben auf der Aufgabenliste, wo herrscht Handlungsbedarf?
Beate Hartinger-Klein: Die Zuschüsse zur Psychotherapie sind nur ein Thema in der Psychotherapieversorgung in Österreich. Auch in anderen Bereichen der Psychotherapieversorgung gibt es keine einheitlichen Standards. So sind in manchen Regionen die Zugangsbeschränkungen viel strenger als in anderen. Und auch in der Qualitätssicherung muss sich endlich das Best-Practice-Prinzip durchsetzen.
Wie sehen die Pläne konkret aus? Wo sehen Sie die zentralen Ansatzpunkte?
Beate Hartinger-Klein: Nicht nur auf Grund meiner beruflichen Vergangenheit nehme ich die Selbstverwaltung sehr ernst. Es ist nicht gut, wenn Politiker glauben, alles im Detail vorgeben zu müssen. Die Leistungsharmonisierung zu konkretisieren, ist Aufgabe der Selbstverwaltung. Mein Job als Aufsichtsbehörde ist es, dann einzugreifen, wenn etwas grob schief läuft. Die Zusammenlegung der Kassen war so ein Fall. Da haben die Gremien der Selbstverwaltung viel zu lange den Wunsch der Bevölkerung nach gleichen Leistungen ignoriert.
Wann soll die Angleichung der Psychotherapie abgeschlossen sein. Gibt es einen konkreten Termin?
Beate Hartinger-Klein: Wir haben einen konkreten Zeitplan für die Beschlussfassung der Rahmenbedingungen (1. Quartal 2019). Damit ist es aber nicht getan. Sobald die neuen Gremien zusammengetreten sind, muss die ambulante Versorgung überprüft und adaptiert werden. Bis dieser Prozess abgeschlossen ist, wird es noch einige Zeit dauern. Allerdings muss die Selbstverwaltung ja nicht auf die Zusammenlegung der Kassen warten, sondern könnte auch gleich aktiv werden.
Die psychische Gesundheitsversorgung hat in Österreich noch Aufholbedarf. Die Wartezeiten auf einen ambulanten kassenfinanzierten Therapieplatz sind oft lang. Sind in diesem Bereich auch Verbesserungen geplant?
Beate Hartinger-Klein: Ein klares JA! Denn genau deshalb legen wir ja die Kassen zusammen. Die Mittel, die durch die effizientere Struktur frei werden, können dann sofort in die bessere Versorgung der Bevölkerung fließen.