| Franz Bittner

„Mehr Sicherheit für die Patienten“

Das Spitalskonzept 2030 sieht Veränderungen vor: An einzelnen Standorten sollen Abteilungen sowie Ambulanzen geschlossen und dafür in den neuen Schwerpunkt-Spitälern konzentriert werden. Patientenombudsmann Franz Bittner sprach mit Prof. Dr. Udo Janßen, Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV), über die Herausforderung, eine bestmögliche medizinische Versorgung zu gewährleisten. 

Franz Bittner: Das angekündigte Spitalskonzept sorgt schon jetzt für Diskussionen. Künftig sollen in Österreich nicht alle Spitäler sämtliche Leistungen anbieten, sondern sich auf Schwerpunkte spezialisieren. Was bedeutet diese Entwicklung für die Patienten?

Prof. Dr. Udo Janßen: Das bedeutet eine Reihe von Verbesserungen für die Patienten. Die Wiener Gemeindespitäler im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) werden sich mit der Schaffung von Zentren spezialisieren, das bringt höhere Fallzahlen und in der Folge mehr Wissen und Erfahrung. Insgesamt bedeutet das mehr Sicherheit für die Patienten. Die Qualität wird ausgebaut. Wir sorgen für moderne Abläufe in einer modernen Spitalsorganisation. Alle Spitäler werden eine erweiterte Grundversorgung mit einer zentralen Notaufnahme und einem Zentrum für Innere Medizin anbieten.

Franz Bittner: Bestimmte Behandlungen werden damit nur noch in großen Spitälern angeboten. Wie gut kann damit eine optimale Versorgung im Sinne von „Best Point of Service“ und im Sinne der Patienten gewährleistet werden?

Janßen: Die optimale Versorgung ist in den Zentren am besten, wo Behandlungen am sichersten und mit der höchsten Qualität für die PatientInnen durchgeführt werden. Gleichzeitig müssen im Sinne des „Best Point of Service“ Spitäler und niedergelassener Bereich gut aufeinander abgestimmt sein. Da gibt es Verbesserungsbedarf, zum Beispiel bei den Öffnungszeiten im niedergelassenen Bereich: Defizite hier bedeuten mehr Patienten in den Spitalsambulanzen. 

Franz Bittner: Es geht auch darum, dass ambulante Leistungen in den Krankenhäusern reduziert werden. Das ist zwar im Interesse der Spitalserhalter, aber nicht immer im Interesse der Patienten…

Janßen: Im Sinne der Patienten ist, die Behandlung dort zu bekommen, wo sie auch geleistet werden kann. Das ist nicht immer und nicht nur die Spitalsambulanz, das ist in Wien nur lange Jahre so gelebte Praxis, weil der niedergelassene Bereich zu manchen Zeiten nur eingeschränkt zur Verfügung steht.

Franz Bittner: Nehmen wir das Beispiel Diabetes mellitus oder Schmerz: Die Zahl der Betroffenen steigt rasant, eine Schließung von Spezialambulanzen erscheint hier kontraproduktiv. Kann die Behandlung von den niedergelassenen Ärzten getragen und dabei die Qualität der Versorgung aufrechterhalten werden?

Janßen: Insbesondere der Diabetes mellitus Typ II ist eine der großen zivilisatorischen Volkskrankheiten. Hier bedarf es diabetologischer Schwerpunktordinationen im niedergelassenen ärztlichen Bereich. Die Versorgung einer Volkskrankheit an Spezialambulanzen in Spitälern ist meiner Ansicht nach nicht der „Best Point of Service“ für eine flächendeckende bürgernahe Versorgung.
Im Bereich der Schmerztherapie zeigt sich, dass auch im internationalen Vergleich Spezialambulanzen in Spitälern zu Beginn der Therapie zielführend sind, eine extramurale Weiterbehandlung aber im niedergelassenen Bereich erfolgen sollte.

Franz Bittner: Wie ist künftig sicherzustellen, dass Patienten schnell und einfach Informationen dazu finden, welche Behandlungen wo angeboten werden?

Janßen: Die Patienten werden – wie auch jetzt schon – von ihren Hausärzten je nach Krankheit an einen Facharzt verwiesen oder eben in das der Krankheit entsprechende Spital. Daran ändert sich nichts. Wer eine Rettung braucht, kann sich darauf verlassen, dass die Rettung weiß, welches Spital jeweils anzufahren ist.

Franz Bittner: Welche Wegzeiten sind Patienten zumutbar?

Janßen: Was den öffentlichen Verkehr betrifft, ist Wien sehr gut erschlossen. Die Spitäler sind gut erreichbar. Zumutbar ist das, was im Sinne der Behandlung nötig ist. Mit allgemeinen Beschwerden kann man auch in Zukunft ins nächstgelegen Krankenhaus kommen. Bei schweren Fällen wird meist die Rettung für den Transport in das für den jeweiligen Fall spezialisierte Spital sorgen. 

Prof. Dr. Udo Janßen ist Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV).