| Franz Bittner

Kinder und Jugendliche brauchen mehr psychologische Unterstützung

Die Pandemie hatte viele Auswirkungen auf unsere Gesellschaft in den letzten 2 Jahren. Am meisten wird über die Spitalsaufenthalte, insbesondere auf den Intensivstationen und die Toten berichtet. Viele Menschen haben aber psychische Probleme und gerade die Jugendlichen sind davon besonders betroffen.

Mehr als die Hälfte der jungen Menschen in Österreich kämpft mit depressiven Symptomen. 60 % haben Essstörungen, 47 % leiden unter Schlafstörungen, 16 % haben wiederholt Suizidgedanken, diese erschreckenden Zahlen veröffentlichte Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm bei einer Pressekonferenz. Es hat 2 Jahre gedauert, bis die Regierung hier endlich aktiv geworden ist und Budgetmittel freigemacht hat. Man stelle sich vor, die Wirtschaft hätte 2 Jahre auf die erste Hilfe warten müssen.

Wiederholt haben wir in den letzten Jahren auf die schlimme Situation der Kinder und Jugendlichen hingewiesen , wie sehr sie psychische Probleme haben und dass es kaum nennenswerte Hilfe für die jungen Menschen gibt, wie beispielsweise nur 181 Schulpsychologen für über 1 Million SchülerInnen!! 

 

Wie groß sind die psychischen Probleme unsere Jugend?

Die psychische Gesundheit junger Menschen leidet unter den Folgen der Pandemie. Ursachen sind Todesfälle im Familien- und Bekanntenkreis, Einschränkungen der persönlichen Freiheiten und häusliche Gewalt. Auch das Wegfallen von Schulausflügen, Maturabällen und sonstigen Gemeinschaftsprojekten im schulischen Bereich schränken das soziale Leben von SchülerInnen stark ein.

Die Studie von Marketagent.com und der Eventagentur DocLX in der 2.500 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 14 und 24 Jahren befragt wurden, zeigt wie groß die Belastungen sind, besonders für junge Frauen.

Die Hälfte der jungen ÖsterreicherInnen machen sich mehr Gedanken über Krankheit und Sterblichkeit. 20 Prozent hegten schon einmal Gedanken über Selbstmord. Negative Emotionen sind bei jungen Frauen wesentlich stärker ausgeprägt, sie leiden wesentlich stärker unter den Einschränkungen und sind vom veränderten Alltag stärker belastet.

Fast alle jungen Menschen (92,8 Prozent)<< öffnet in einem eigenen Fenster wünschen sich sehnlich eine Rückkehr in die Normalität. 86,3 Prozent sind überzeugt, dass die wahren Folgen der jahrelangen Pandemie erst in einiger Zeit in vollem Ausmaß sichtbar sein werden.

 

Befragungen

Mehr als zwei Drittel der Befragten sehen negative Auswirkungen durch die Pandemie auf ihre mentale Gesundheit, persönliche Lebenszufriedenheit und den Kontakt mit Freunden. Fast die Hälfte, nämlich 46 Prozent geben an, dass die Pandemie auch ihr Liebesleben verschlechtert hat. Über 40 Prozent erkennen Folgen für ihre körperliche Gesundheit und die Lebenszufriedenheit ihrer Eltern.

Knapp drei Viertel (74,1 Prozent) fühlen sich durch die Pandemie ihrer Jugend beraubt und sind wütend (73,3 Prozent), dass sie nicht dieselben Erlebnisse wie Gleichaltrige unter normalen Umständen haben können. Doppelt so viele junge Menschen haben Sorge, den Anschluss zu verlieren: Waren es im Jahr 2020 noch 33,5 Prozent, ist er zwei Jahre später auf 61,2 Prozent angewachsen.

Während 84 Prozent ihren Tagesablauf vor der Pandemie als geregelt empfanden, tun das mittlerweile nur mehr knapp über der Hälfte (55,5 Prozent). Sie verbringen ihr Leben meist vor Bildschirmen wie den Smartphones bzw. Computers (85,6 Prozent) oder vor jenem des TV-Geräts (73,5 Prozent) und in virtuellen Treffen mit Freunden via Videochat (44,5 Prozent).

 

Wie sieht das Hilfsprogramm der Regierung konkret aus?

13 Millionen mag für manche nach viel klingen, tatsächlich ist es aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber immerhin besser als Nichts wie bisher. Es soll ein einfacher, zentraler Zugang aufgebaut werden, der jungen Menschen von der Erstberatung bis zur tatsächlichen Therapie hilft. Diese müssen weder selbst einen Therapieplatz suchen noch sich um die Kostenerstattung kümmern. Die Hilfe soll schnell und unkompliziert über eine einzige Hotline erfolgen, über die man an die Beratungs- und Behandlungsstellen weiter verwiesen wird.

In das Projekt sind der Bundesverband für Psychotherapie und der Berufsverband österreichischer Psychologinnen und Psychologen (BÖP) eingebunden, und auch mit SchulpsychologInnen soll zusammengearbeitet werden. BÖP-Präsidentin Beate Wimmer-Puchinger nennt es eine gute Investition „in die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen. In einem ersten Schritt können rund 7.500 Burschen und Mädchen bis zu einem Alter von 22 Jahren betreut werden. Das Programm startet Ende März 2022 und umfasst 15-plus-Stunden in Einzel- und Gruppentherapie, flächendeckend in ganz Österreich, von ExpertInnen unter Qualitätssicherung durchgeführt.

Die Bundesjugendvertretung begrüßt es sehr, dass mit den geplanten Maßnahmen junge Menschen rasch und unkompliziert unterstützt werden sollen. Mit diesem Projekt kann rund 7000 Kindern und Jugendlichen geholfen werden und das ist ein Schritt in die richtige Richtung, wird aber bei weitem nicht ausreichen. Organisationen wie SOS Kinderdorf schätzen die aktuelle Lücke in Österreich auf das 10fache, also rund 70.000 Plätze << öffnet in einem eigenen Fenster.

 

Mein Appell: Es ist ein wichtiger Schritt, dass endlich physische und psychische Gesundheit in Österreich ansatzweise – leider noch immer zu langsam – gleichgestellt werden. Der Bedarf ist allerdings viel größer als dieses Projekt abdecken kann. Geld gibt es genug, denn für die völlig unnötige Impflotterie hat die Regierung rd. 1 Milliarde(!) Euro vorgesehen. Da diese abgesagt wurde, steht der psychischen Hilfe für ALLE Jugendlichen in Österreich nichts im Weg. Es wären 130 Millionen Euro pro Jahr notwendig und die würden mit dem Budget der Impflotterie für die kommenden 7 Jahre ausreichen. Das sollten der Regierung und uns unsere Kinder doch wert sein!