| Franz Bittner

Interview mit Franz Bittner zum Thema Rehabilitation bei COPD-Patienten

Vorspann:
COPD ist eine meist vermeidbare und behandelbare Krankheit, die neben Tabakrauch und anderen Luftschadstoffen auch von sozioökonomischen Gesundheitsdeterminanten verursacht und beeinflusst wird. Dem Vermeiden und frühzeitigen Erkennen von COPD wird daher international größte Bedeutung beigemessen.

Geschätzte 10,6 % der Bevölkerung sind an COPD erkrankt (Schirnhofer et al. 2007). Österreich hat damit im internationalen Vergleich eine hohe COPD-Prävalenz. Diese österreichischen Prävalenzdaten zu COPD unterliegen jedoch einigen Limitationen. Die Mortalität ist in Österreich mit 12,6 Todesfällen pro 100.000 EW niedriger als im europäischen Schnitt. Ebenso ist die gesundheitliche Ungleichheit nach Bildung in Österreich geringer als im europäischen Schnitt. Die Gesamtbehandlungskosten von COPD wurden für das Jahr 2011 auf mindestens 150 Mio. Euro geschätzt, die volkswirtschaftlichen Kosten auf rund das Doppelte (mind. 270 Mio. Euro pro Jahr). Genaue ökonomische Analysen der Kosten von COPD liegen für Österreich nicht vor.

Die Präventionsangebote konnten nicht vollständig analysiert werden. Tabakprävention und Informationsangebote zu COPD für die österreichische Bevölkerung sind im europäischen Vergleich deutlich verbesserungswürdig.

Zum allgemeinmedizinischen Versorgungsangebot sind keine gesicherten Aussagen möglich da diagnosebezogene Daten oder entsprechende Versorgungsforschung fehlen. Im internationalen Vergleich werden das Fehlen von Disease-Management-Programmen und spezialisierter, nichtärztlicher Gesundheitsberufe in der Primärversorgung deutlich. Das extramurale Angebot an Fachärztinnen und -ärzten für Lungenkrankheiten und für Innere Medizin ist gut ausgebaut.

Akutstationär werden COPD-Erkrankte zu 58 % in Abteilungen der Inneren Medizin und zu 32 % in Abteilungen der Pulmologie behandelt. Die Hospitalisierungsrate liegt mit 310 Krankenhausaufenthalten pro 100.000 EW weit über dem OECD-Schnitt (198). In den letzten Jahren ist ein Rückgang der Hospitalisierungen zu beobachten. Während stationäre Rehabilitationen auf Grund von COPD in den letzten Jahren um 153 % anstiegen, konnten Wartezeiten auf Rehabilitation verkürzt werden. Ambulante Rehabilitation für COPD-Erkrankte wird nur marginal angeboten (6,3 % der Rehabilitationen). Auszug aus dem Themenqualitätsbericht COPD der Gesundheit Österreich GmbH.

Interview

Herr Bittner, bis zu 400.000 Menschen leiden in Österreich unter einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, kurz COPD. Die Therapie besteht aus mehreren Bausteinen. Inwiefern kann eine ambulante Rehabilitation den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen?

BITTNER: Die ambulante Rehabilitation ist eine neue Form der Rehabilitation, oft sehr erfolgreich, sie kommt den Lebensbedürfnissen von vielen Patienten entgegen und ist zudem kostengünstiger als ein dreiwöchiger stationärer Aufenthalt in einem Rehabilitationszentrum.
Wichtig ist, dass der Patient eine umfassende medizinische Betreuung erfährt und das internistische, pulmologisches und physikalische Fachwissen in der medizinischen Betreuung eingesetzt wird. Es werden der Körper und damit auch die Lunge dahingehend trainiert, dass der Betroffene eine verbesserte Lungenfunktion bekommt. Selbstverständlich gehört auch eine Raucherentwöhnung dazu, sollte der Patient Raucher sein.
Eine erfolgreiche Rehabilitation erhöht auch die Lebenserwartung.

Die Rehabilitation muss zunächst von den Pensionsversicherungen oder Krankenkassen bewilligt werden. Immer wieder ist zu hören, dass der Zugang gerade für ältere Patienten mit zahlreichen Hürden verbunden ist. Von welchen Schwierigkeiten berichten Ihnen Betroffene?

BITTNER: Im schlechtesten Fall, dass ihnen ein Rehabilitationsaufenthalt nicht genehmigt wird oder dass sie sehr lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Speziell bei Pensionisten werden – nicht nur in diesem Krankheitsbereich – sehr oft Ablehnungen von der Pensionsversicherung oder Krankenkassen getätigt.

Was bedeutet es für Pensionisten, die unter einer chronischen Lungenerkrankung leiden, wenn ihr Antrag abgelehnt wird?

BITTNER: Das kommt meist einer persönlichen Katastrophe gleich, da es in Österreich noch immer keinen Rechtsanspruch auf Rehabilitation gibt. Es kann daher gegen eine Ablehnung kein Rechtsmittel ergriffen werden. Die Patienten haben damit eine erfolgreiche Krankenbehandlung weniger und sind auf die Einnahme ihrer Medikamente und auf ihren Sauerstoff – wenn bereits indiziert – reduziert. Das ist natürlich auch ein Weg in die Mehrklassenmedizin, die eigentlich alle politischen Parteien ablehnen.

Haben Betroffene einen rechtlichen Anspruch auf die ambulante Rehabilitation?

BITTNER: Wie gesagt es gibt keinen Rechtsanspruch auf Rehabilitation, dieser soziale Missstand gehört rasch geändert.

Betroffene sind zudem häufig mit langen Wartezeiten konfrontiert. Wo liegen aus ihrer Sicht die Gründe dafür? Und welche Lösungsansätze gibt es?

BITTNER: Ich habe leider keine validen Daten um einen konkreten Beweis antreten zu können, ich vermute aber, dass Pensionisten von der Sozialversicherung in diesem Bereich schlechter behandelt werden, als Aktive. Behandeln wir die die noch in Beschäftigung sind, so können wir Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionen verhindern. Pensionisten sind bereits in Pension. Dazu kommt, dass die Pensionsversicherungen per Gesetz dazu angehalten sind, Rehabilitationen zu finanzieren um Frühpensionen zu verhindern. Da die Pensionsversicherungen – im Gegensatz zu den Krankenversicherungen – eine Ausfallshaftung vom Bunde bekommen, sprich vom Finanzminister, wenn sie mit dem Geld der Beitragszahler nicht auskommen, und sie können nie damit auskommen, gibt es immer den Kampf um mehr Steuermittel. Meist gewinnt der Finanzminister, das war in der Vergangenheit so und wird – so befürchte ich – auch in Zukunft so sein.

Was braucht es, um die Versorgung von COPD-Patienten auch in Zukunft sicherzustellen?

BITTNER: Einen Ausbau von ambulanten Rehabilitationseinrichtungen, einen Rechtsanspruch auf Rehabilitation und etwas mehr Geld. Die qualifizierten ärztlichen Experten hätten wir.