| Franz Bittner

Im Namen der Patienten

Es war ein Match im bereits begonnenen Wahlkampf, als die Genossen und bürgerlichen Wähler aufgerufen wurden, einen Ombudsmann für die Wiener Ärztekammer zu wählen. Franz Bittner, ehemaliger Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse, siegte gegen Josef Kandlhofer, Ex-Generaldirektor des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger, mit 47 Prozent der Stimmen. Kandlhofer erreichte 45 Prozent. Die Dritte, Andrea Schwarz-Hausmann, erreichte 7 Prozent bei der einwöchigen SMS-Wahl, die am 23. Juni zu Ende ging.

Die Wiener Ärztekammer richtete die Stelle des Patientenombudsmannes ein, um „Irritationen“ der Ärzte abzufangen, wenn diese es mit der Patientenanwaltschaft zu tun bekamen. Für Sigrid Pilz, Wiens Patientenanwältin seit einem Jahr, ist die neue Position allerdings eine Farce. „Wenn sich Ärzte selbst kontrollieren, dann wird es kafkaesk.“ Beide sprachen mit der „Wiener Zeitung“.

„Wiener Zeitung“: Herr Bittner, warum hat die Wiener Ärztekammer die Position des Ombudsmannes geschaffen?

Franz Bittner: Weil es immer wieder Irritationen mit Ärzten gab, wenn die Patientenanwaltschaft eine Auskunft haben wollte. Wenn sich ab 1. September Patienten mit Beschwerden an mich wenden, dann haben wir das Disziplinarrecht der Ärztekammer im Rücken. Die Patientenanwaltschaft hat das nicht. Wenn es eine Beschwerde gibt und die Patientenanwältin will eine Auskunft, kann diese vom Arzt ohne Konsequenzen verweigert werden. Nur Spitalsärzte müssen Auskunft geben.

Wie viele Beschwerden werden an die Ärztekammer herangetragen?

Derzeit gibt es 700 Beschwerden pro Jahr. Meine Aufgabe ist es, die Beschwerdestelle aufzubauen. Ich muss mir erst ein Bild darüber machen, welche Beschwerden das sind und was verbesserungswürdig ist.

Sind Sie Dienstnehmer der Wiener Ärztekammer?

Ich bin nicht Dienstnehmer der Ärztekammer. Über mein Honorar haben wir noch nicht gesprochen. Das kommt darauf an, welche Ressourcen vorhanden sind.

Was möchten Sie mit Ihrer Position erreichen?

Eine bessere Zusammenarbeit zwischen dem intra- und extramuralen Bereich, zwischen den Ländern und dem Bund.

Hat Ihre Aufgabe damit zu tun, dass Ärzte immer größere Angst davor haben, geklagt zu werden?

Klagen sind sicher ein Thema. Die Sorge der Ärzte wird größer, auch weil die Forensik zunimmt. Viele Beschwerden drehen sich aber um den psychischen Bereich, wie etwa Burnout. Menschen beschweren sich darüber, dass sie im Kreis geschickt werden. Oft hat der behandelnde Arzt auch nur ein gewisses Zeitkontingent. Mit der Verschreibung von Psychopharmaka sind aber die Probleme nicht gelöst. Vielen geht es also darum, ihr Herz auszuschütten. Und hier wollen wir helfen. Denn wenn es keinen medizinischen Erfolg gibt, dann ist das die teuerste Behandlung.

Frau Pilz, Sie sind seit einem Jahr Patientenanwältin. Womit sind Sie konfrontiert worden?

Sigrid Pilz: Die Entschädigungsstatistik wird in Kürze zeigen, wie wichtig Qualitätssicherung im niedergelassenen Bereich und in den Privatspitälern ist. Dort werden Eingriffe vorgenommen, für die man nicht ausgerüstet ist. Es gibt viele Behandlungsfehler. Die Ärztekammer teilt uns immer wieder mit, dass sie keine Möglichkeit hat einzuschreiten. Sie verweist auf das zuständige Magistrat. Das halte ich für inakzeptabel. In den Spitälern beginnt man jetzt Komplikations- und Sterberaten zu messen.

An wen soll sich der Patient, der eine Beschwerde hat nun wenden? An Sie oder Herrn Bittner?

An uns mit Verlaub. Die Stelle der Ärztekammer wurde erfunden, um am Erfolg der Patientenanwaltschaft mitzunaschen.

Zur Person

Sigrid Pilz ist seit 1. Juli 2012 Patientenanwältin von Wien. Sie studierte Erziehungswissenschaften und Psychologie und leitete ein Jugendzentrum. Sie war Leiterin der Abteilung für Internationale Familien- und Jugendpolitik im Ministerium und Gesundheitssprecherin der Grünen Wien.

Zur Person

Franz Bittner ist selbständiger Berater im Gesundheitssystem. Der gelernte Lithograf und Sozialakademiker war Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse, Vorsitzender der Hauptversammlung im Hauptverband der Sozialversicherungsträger und Vorsitzender der Gewerkschaft Druck, Journalismus, Papier.

Quelle: Wiener Zeitung, Seite 19

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