Sehr geehrte Patientinnen und Patienten,
die Patientenombudsstelle der Ärztekammer für Wien ist seit September 2013 tätig und hat bis Dezember vorigen Jahres 1.530 Beschwerden bearbeitet, an die 4.100 Telefonanrufe entgegengenommen und mit 40 Personen über deren Beschwerden persönliche Gespräche geführt. Nun stehen wir für Sie auch über das Internet für Hilfe zur Verfügung, um Anregungen oder Beschwerden auf diesem Weg uns zu übermitteln oder sich einfach Informationen über unser Gesundheitswesen zu holen.
Gesundheitswesen ist natürlich mein Stichwort. Unbestritten ist, dass das österreichische Gesundheitswesen – das Wiener im Besonderen – einen sehr guten Ruf in der Bevölkerung hat und nach wie vor im internationalen Ranking einen vorderen Platz einnimmt. Trotzdem kommt es immer wieder zu berechtigten Beschwerden über Ärztinnen und Ärzte sowie Ordinationspersonal im niedergelassenen Bereich, wie auch in Spitälern und den Einrichtungen der Sozialversicherungen, wie Krankenkassen und Pensionsversicherungen.
Patientinnen und Patienten sind selbstsicher, mündiger und damit auch fordernder geworden, als die Generationen vor uns, die oft die Ärztinnen und Ärzte als „Götter in Weiß“ betrachtet haben. Diese Zeit ist längst vorbei, die „Götter“ sind dem Olymp entstiegen und befinden sich mitten unter uns. Die Wenigen, die den Weg ins Tal noch nicht gefunden haben, werden durch die Realität gezwungen, sich ebenfalls auf die Reise zu uns Sterblichen zu begeben. Die Ärztinnen und Ärzte in unserer Mitte setzen sich mit den Beschwerden auseinander, beantworten diese – nicht immer zu meiner und zur Freude der Beschwerdeführer –, entschuldigen sich oft für das „Ungemach“ und – so hoffe ich – nehmen die Beschwerden als das, was sie sind: eine kostenlose Beratung, um Fehlverhalten zu korrigieren und Fehler zu beseitigen.
2014 betraf der überwiegende Teil der Beschwerden die Allgemeinmediziner (170), die Spitäler (116), die Sozialversicherungen (170), und mehr als 200 Patientinnen und Patienten hatten Fragen zum Gesundheitssystem. Die wesentlichsten Gründe für Beschwerden waren: unfreundliche Ärztinnen und Ärzte und deren Personal, schlechtes Zeitmanagement in Ordinationen und Spitalsambulanzen, lange Wartezeiten auf Untersuchungstermine, speziell in den Fächern Radiologie, Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie, Nuklearmedizin und Orthopädie. Was für viele Patientinnen und Patienten völlig unverständlich ist, sind verschobene oder gar abgesagte Operationen wegen Personalmangels in den Spitälern und immer länger werdende Wartezeiten bei Hüft- und Knieoperationen.
Für mich sind diese Beschwerden nachvollziehbar, da einerseits die Menschen in unserer Stadt älter werden – die „Babyboomer“ wurden 60 Jahre und älter –, andererseits waren so manche verordneten und verhandelten „Dämpfungspotenziale“, um die Kosten im Gesundheitswesen nicht ins Uferlose steigen zu lassen, gut gemeint, haben sich aber als das Gegenteil von gut herausgestellt. Auch die immer stärker zunehmenden Arbeitsbelastungen aller Berufsgruppen in den Spitälern tut das Ihre dazu, um die Unzufriedenheit bei Patientinnen und Patienten größer werden zu lassen.
In diesem Sinn freue ich mich über Ihre Anregungen und vielleicht auch über Ihre Mitarbeit, um unser gutes Gesundheitswesen für alle Menschen in unserer Stadt, sozial und menschlich zugänglich zu erhalten.
Ihr Franz Bittner