| Franz Bittner

Gesundheitspolitik muss für jede neue Regierung Priorität haben.

Österreichs Gesundheitssystem gehört noch immer zu den Besten der Welt, ist aber in den letzten Jahren unter Druck geraten. Die Pseudoreform (Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen und Sonderversicherungsträger) der abgewählten Regierung wird nicht zu einer Verbesserung für die Versicherten führen, sondern die derzeitigen Mängel noch verstärken, da wir oft an den falschen Schrauben drehen.

Bei einer immer älter werdenden Bevölkerung kann die Qualität der Betreuung nur mit besserer medizinischer Ausbildung von Jungärzten, qualitativ hochwertigen Fortbildungsseminaren für praktizierende Ärzte und natürlich auch mit mehr medizinischen Personal – an den richtigen und notwendigen Stellen – bewältigt werden.

Im Bereich der Spitäler müssten die vorhandenen Bettenkapazitäten auf die Notwendigkeit der Erkrankungen geprüft werden und Abteilungen gegebenenfalls verkleinert und andere vergrößert werden. Es sollte z. B. überprüft werden, ob die derzeitigen chirurgischen Bettenkapazitäten nicht zu viele und die Betten in den psychiatrischen Abteilungen zu gering sind. Solche Überprüfungen müssten auch im niedergelassenen Bereich stattfinden, es wäre zu einfach nur mehr Ärzte zu fordern, ohne sich über die Verteilung der bestehenden Kapazitäten Gedanken zu machen.

Da es in Österreich noch nie eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen gab, Deutschland und die Schweiz wenden im Vergleich rd. 12 % bis 13 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Gesundheitsausgaben auf, Österreich im Vergleich 10,3 %, der öffentliche Bereich 7,7 %, so ist klar erkennbar, dass es auch kein Problem sein kann, die Finanzierung so zu gestalten, dass die notwendigen fehlenden Ressourcen für unser Gesundheitssystem bereitgestellt werden. Das kann auch bedeuten, dass geringfügige Beitragserhöhungen nicht des Teufels sind, wie es uns die Rechten und Neoliberalen einreden wollen, sondern der Weiterentwicklung von Technik und Wissenschaft Rechnung tragen.

Derzeit haben wir unbesetzte Kassenstellen, überlastete Ordinationen und Spitäler, eklatante Lücken beim medizinischen Personal. Die Pensionierungen vieler Ärzte in den kommenden Jahren, wird die Situation für uns Patienten noch weiter verschärfen.

Immer weniger junge Ärzte sind bereit sich als Allgemeinmediziner und Vertragsarzt niederzulassen, was in wenigen Jahren die medizinische Grundversorgung in Österreich gefährden wird. Und immer häufiger gehen österreichische Absolventen des Medizinstudiums ins Ausland, um zu arbeiten.

Was zur Sicherung der medizinischen Versorgung getan werden müsste:

Ärzteausbildung:

  • Mehr Basisausbildungsstellen, damit Ärzte nach dem Studium rasch in stationäre Ausbildungsstellen übernommen werden;
  • Die Zahl der Ausbildungsstellen muss sich am Bedarf der Bevölkerung orientieren;
  • Ideen für „Hausarzt Neu“ gibt es viele und gute, sie können es hier und hier nachlesen.

Förderung der Allgemeinmedizin

  • Schaffung des Facharztes für Allgemeinmedizin
  • Strukturelle Verankerung der Allgemeinmedizin in Krankenhäusern (es gibt hier sehr gute Initiativen über die ich hier und hier berichtet habe).
  • Erweiterung des Leistungsspektrums der Allgemeinmediziner und eine adäquate Honorierung der Leistung.

Attraktivierung der ärztlichen Tätigkeit

  • Höhere Durchlässigkeit von öffentlicher spitals- und kassenärztlicher Tätigkeit, Bürokratieentlastung, indem jede neue Maßnahme einem Bürokratiecheck unterzogen wird.
  • Schutz der Gesundheitsberufe vor Gewalt durch technische/bauliche Maßnahmen, Aufklärung, Schulungen und stärkeren strafrechtlichen Schutz.

Erhalt der solidarischen Gesundheitsstruktur in Österreich

Die Bevölkerung in Österreich wird durch die Fortschritte der Medizin immer älter, daher die Gesundheitsausgaben nicht geringer und es entstanden Lücken in der Versorgung durch die Sozialversicherung. Dies führte zu immer stärkeren privaten Angeboten, die die Versicherten und Patienten wahrnehmen, oft durch unerträglich lange Wartezeiten wahrnehmen müssen.
Solche Versorgungslücken sind natürlich eine Geschäftschance für private Investoren und ausländische Konzerne, die – wenn sie an den Börsen notiert sind – auf Gewinnmaximierung achten. Unsere Sozialsystem muss aber die bestmögliche Versorgung der Bevölkerung – egal ob arm oder reich – zum Ziel haben, anstatt Gewinnmaximierung für einige Wenige. Die Politik muss sicherstellen, dass der Zugang zu hochwertigen medizinischen Leistungen niederschwellig und leistbar bleibt. Insbesondere sozial schwächer gestellte Patienten müssen sich immer auf das österreichische Gesundheitssystem verlassen können.

Aktive Gesundheitspolitik für alle Österreicher

Die medizinische Versorgung soll nicht erst beginnen, wenn Menschen krank werden. Das ist zu spät und verteuert die Therapie. Prävention ist mindestens so wichtig zur Sicherstellung der guten Gesundheit aller Österreicher. Und dazu ist die Errichtung bzw. Einhaltung gewisser Gesundheitsstandards notwendig.

Dazu gehört z. B. eine generelle Impfpflicht, um die Durchimpfungsrate etwa bei Masern auf den von der WHO empfohlenen Prozentsatz von 95% zu steigern. Zu groß sind die Gefahren, insbesondere für Babies und ältere Menschen durch eine Maserinfektion.

Der Nichtraucherschutz muss auch nach der Wahl konsequent weiterverfolgt werden, indem z. B. ein Rauchverbot auf Kinderspielplätzen umgesetzt wird. Das Schlimmste wäre eine erneute Aufweichung des Rauchverbots, wie es derzeit die Wirtschaftskammer fordert.

Auch Übergewicht ist in Österreich ein laufend größer werdendes Problem, insbesondere im Ländervergleich bei Kindern und Jugendlichen. Prävention und rechtzeitige Intervention bei krankhaftem Übergewicht im Kinder- und Jugendalter sind notwendig und dazu gehört auch die richtige Ernährung in den Kindergärten und Schulen.

Meine Bitte: Nehmen sie sich bitte die Zeit und informieren sich, welche Konzepte jede Partei hat. Die Standpunkte aller Parteien zur Zukunft unseres Gesundheitssystems können sie in diesem Artikel nachlesen. Die Qualität ihrer ärztlichen Betreuung in Zukunft hängt davon ab.
Und zum Schluss: Es ist politisch unanständig, dass es noch immer keinen Rechtsanspruch auf Rehabilitation in Österreich gibt.
Ihr Franz Bittner