Ich hatte eine Fülle von Beschwerden als Patientenombudsmann der Wiener Ärztekammer (Link öffnet in neuem Fenster) und möchte Ihnen hier einen Abriss geben, mit welchen Beschwerden Patientinnen und Patienten mich in Corona-Pandemie-Zeiten kontaktiert haben.
Plötzlich ist alles anders
Wir starten beim eigenen Arzt. Viele hat es gestört, dass Ordinationen von Hausärzten und Fachärzten – oft ohne Hinweis – geschlossen waren. Da man Besuche beim Arzt zumeist nur aus triftigen Gründen macht, ist das eine schwierige Situation.
Viele geplante Operationstermine wurden abgesagt oder verschoben. Etliche Patientinnen und Patienten wurden in Spitalsambulanzen nicht ohne Termin behandelt oder von Spitälern, gerade am Beginn der Pandemie, abgewiesen. Dies lag oft daran, dass die Betroffenen selbst glaubten, sie wären ein Notfall – medizinisch betrachtet waren sie das oft nicht. Man hat dann leider viele der Patientinnen und Patienten an die niedergelassenen Ärzte verwiesen und damit Engpässe hervorgerufen, die dazu führten, dass manche oft erst nach Wochen einen Termin bekamen.
Medikamente und Schutzausrüstungen waren ein großes Thema
Die Medikamentenversorgung war in der ersten Welle der Corona-Pandemie ein sehr „heißes Thema“. Die Menschen hatten Angst, dass ihre notwendigen Medikamente nicht oder nur in ungenügender Anzahl verfügbar sind. In einigen Fällen war diese Sorge durchaus berechtigt, da ja auch die Ordinationen vieler Hausärzte geschlossen waren.
Die Schutzausrüstung von Ärzten wurde in meinem Beschwerdeaufkommen ebenfalls immer wieder thematisiert. Zu Beginn der Pandemie gab es zu wenig (oft auch gar keine) passende Schutzausrüstung für niedergelassene Ärzte. Die Ärztekammer bemühte sich dann im Rahmen der Möglichkeiten, Hilfsmittel zu organisieren. Auch von der Stadt Wien wurde schließlich Ausrüstung zur Verfügung gestellt. Selbst in den Wiener Spitälern waren diese Engpässe dramatisch spürbar. Man hatte oftmals nur das Notwendigste zur Verfügung.
Die Bundesregierung handelte zwar rasch, machte aber den Bürgerinnen und Bürgern auch im Rahmen der laufenden Berichterstattung Angst. Die Medien taten dann ihr Übriges: Internationale Beiträge, die man hierzulande, z. B. aus Italien, sah, hatten eine zunehmende Verunsicherung bei der Wiener Bevölkerung zur Folge. Leider war allgemein keine Strategie erkennbar – schon gar keine, an der sich Allgemeinmediziner und/oder Fachärzte hätten orientieren können.
Erst später konnten Anpassungen greifen
Mit der Zeit besserte sich die Situation in den Ordinationen. Krankmeldungen und Arbeitsunfähigkeit konnten telefonisch beim Hausarzt beantragt werden. Dieser meldete den Krankenstand an die ÖGK (Österreichische Gesundheitskasse – Link öffnet in neuem Fenster). Viele Versicherte waren in dieser Phase teilweise länger im Krankenstand als nötig, denn auch in den Krankenkassenverwaltungen fehlte es oftmals an Personal. Ich möchte allerdings positiv anmerken, dass der medizinische Dienst immer erreichbar war. Das ermöglicht es mir, in der Ombudsstelle den Wienerinnen und Wienern zu helfen.
Mittels ELGA (Link öffnet in neuem Fenster), Fax oder E-Mail konnten Verordnungen für Medikamente an die Patientinnen und Patienten gesandt werden. Und: Die „telefonische Ordination“ wurde von den Krankenkassen mit dem üblichen Tarif entlohnt. Das war deswegen ganz wichtig, weil die physische Frequenz in den Ordinationen Wiens deutlich zurückging. Einige Fachärzte sahen oft wochenlang keine Patientinnen und Patienten, hatten aber viele telefonische Konsultationen.
In unserem Beschwerdeaufkommen bemerkten wir, dass chronisch kranke Menschen sich nicht in der Natur erholen konnten. Sie waren „als Risikogruppe“ zu Hause nur allzu oft mit ihren Sorgen alleine.
Fragen wie „Bekomme ich genügend Medikamente?“, „Wer betreut mich, wenn mein Hausarzt selber krank ist?“, „Wie komme ich zu den notwendigen Heilbehelfen und Hilfsmitteln?“ waren nicht nur berechtigt, sondern beschäftigten die Verantwortlichen im Gesundheitssystem sehr. Simple und praktikable Lösungen zu finden, war in der Corona-Zeit tatsächlich nicht einfach!
Apropos „simple und praktikable Lösungen“: Viele chronisch Kranke sahen sich mit der Tatsache konfrontiert, dass sie nur jeweils eine Packung ihrer notwendigen Medikamente von der Apotheke bekamen. Der Pharma-Großhandel und die Apotheker hatten Angst vor Hamsterkäufen und limitierten die Abgabemengen. Mittlerweile hat sich auch das wieder „eingespielt“ und derzeit besteht keine Gefahr eines Medikamentenengpasses. Jene Heilmittel, die schon vor der Corona-Zeit schwer erhältlich waren, sind es auch jetzt noch.
Verschlechterter Allgemeinzustand
Da geplante Untersuchungen bei vielen kranken Menschen nicht gemacht werden konnten, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sich der Allgemeinzustand bei vielen Patientinnen und Patienten verschlechtert hat. Es gibt einen veritablen Nachholbedarf bei Untersuchungen und Operationen, der tatsächlich eine große Herausforderung für das Wiener Gesundheitssystem darstellt. Es bleibt also nur zu hoffen, dass es gelingt, bei den steigenden Infektionszahlen die „normalen Kranken“ effizient und effektiv zu behandeln.
Ein Engpass: Fahrtendienste
Ein immer größer werdender Problembereich ist der der Fahrtendienste für kranke, ältere Menschen, die in Ordinationen oder Spitalsambulanzen gebracht werden müssen. Die Wartezeiten auf diese Fahrtendienste sind oft sehr lange.
Uns haben hierzu immer wieder Beschwerden erreicht, dass Patientinnen und Patienten teils bis zu fünf Stunden in Spitalsambulanzen oder Ordinationen warten mussten, um wieder zurück nach Hause gebracht zu werden.
Ganz offensichtlich sind Blaulichtorganisationen und private Fahrtendienste personell unterbesetzt und haben – im Gegensatz zu den Rettungsorganisationen – keine gemeinsame Koordinationsstelle. Gerade da wären Optimierungen sehr willkommen! Täglich bringen Fahrtendienste Patientinnen und Patienten in Ordinationen und Spitalsambulanzen und kehren leer wieder zurück, obwohl es dort Personen gibt, die auf einen Heimtransport warten. Eine Problematik, die unnötig viel Versichertengeld kostet.