| Franz Bittner

„90 Prozent der Erkrankungen im Kindesalter ambulant behandeln“

Das Kind ist krank, es ist spät am Abend oder Wochenende. Der Kinderarzt hat nicht geöffnet und im Krankenhaus ist mit langen Wartezeiten zu rechnen. Für Eltern beginnt damit ein Abwägen und Überlegen: wohin mit dem kranken Kind?

 

An sieben Tagen pro Woche können Eltern mit ihren Kindern dafür das Kindermedizinische Zentrum (KIZ) Augarten im zweiten Wiener Gemeindebezirk aufsuchen. Hier stehen auch an Feiertagen Kinderärzte zur Verfügung, die Patienten bis zum 19. Lebensjahr behandeln. Unterstützung bieten auch eine Hebamme, eine Diätassistentin, ein Physiotherapeut sowie ein Psychologe.

 

Dr. Helmuth Howanietz, Leiter und Betreiber des Ambulatoriums, verrät, wie Patienten das vielfältige Angebot annehmen und erklärt, warum ein Zentrum für Allgemeinpädiatrie so wichtig ist und wie damit auch die Wiener Spitalsambulanzen entlastet werden können.

 

Das Kindermedizinische Zentrum Augarten (KIZ Augarten) hat im November seinen Betrieb als Ambulatorium aufgenommen. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung?

 

Helmuth Howanietz: Das KIZ Augarten gibt es – allerdings nicht in bewilligter Form – seit Jahren. Die Invertragnahme durch die WGKK erfolgte im November 2016. Wir sind eine gewachsene Einrichtung. Das von mir angedachte Zusatzangebot, eine Versorgung durch Hebamme, Diätassistentin, Physiotherapeut und Psychologe, wird sehr gut angenommen und hat sich bis jetzt sehr bewährt. Das Ergebnis, dass wahrscheinlich mehr als 90 Prozent der Erkrankungen im Kindesalter ambulant behandelt werden können, wenn man Eltern ausgeweitete Ordinationsöffnungszeiten anbietet, gibt uns dabei recht. Das Feedback des Personals zu unseren flexiblen Arbeitszeiten ist sehr positiv.

 

Mit welchen Erkrankungen können Eltern mit ihren Kindern zu Ihnen kommen?

 

Helmuth Howanietz: Wir sind ein Zentrum für Allgemeinpädiatrie. Das ist mir sehr wichtig, denn das große Fach der Allgemeinpädiatrie kann fast nirgendwo mehr angeboten werden. Auch, weil es an der dafür nötigen Ausbildung mangelt, wenn man sich die dilettantische Ärzteausbildungsordnung Neu ansieht. Daher soll und kann das KIZ Augarten für jede Erkrankung aufgesucht werden. Nach entsprechender Erstversorgung veranlassen wir bei Bedarf die Weiterleitung an die Spezialambulanz.

 

Welche Altersgruppen werden im KIZ Augarten medizinisch versorgt?

 

Helmuth Howanietz: Das KIZ behandelt Kinder und Jugendliche von der Geburt bis zum letzten Tag des vollendeten 19. Geburtstags, wobei der Schwerpunkt schon auf Patienten unter vier Jahren liegt.

 

Worauf wird hier besonders Wert gelegt?

 

Helmuth Howanietz: Wir legen Wert auf eine altersadäquate medizinische Versorgung und Behandlung. Das heißt, wir achten darauf, einer Mutter und ihrem Kind das bereitzustellen, was sie für die Betreuung des Kindes braucht.

 

Welches Feedback erhalten Sie von Ihren Patienten? Was schätzen Eltern und Kinder besonders am KIZ Augarten?

 

Helmuth Howanietz: Ich glaube, dass die Eltern unserer Patienten das 7-Tage-Service durch eine eingespielte, multinationale, multikulturelle und polyglotte Mannschaft schätzen. Das gibt ihnen einerseits sprachliche Sicherheit, andererseits können auch schwierigere Erkrankung wie beispielsweise Lungenentzündungen durch beidseitiges Engagement ambulant behandelt werden.

 

Zum Abschluss: Wie gut ist Wien Ihrer Ansicht nach bei der medizinischen Versorgung von Kindern aufgestellt? Wo könnte es Verbesserungen geben?

 

Helmuth Howanietz: Ich glaube, dass Wien medizinisch ganz gut aufgestellt ist, aber noch besser sein könnte, wenn man entgegen der Bremswirkung durch die Ärztekammer der Aktualität in der Medizin – also auch der Bedarfsorientierung – mehr Rechnung tragen würde und Synergismen zwischen Einrichtungen im niedergelassenen Bereich und im Spitalsbereich mehr herausarbeiten würde.

 

Im Fach der Kinderheilkunde, das immer einen besonderen Stellenwert hat und haben wird, gelten ganz andere Regeln. Das heißt, dass wir in der Entwicklung der letzten Jahrzehnte erkennen konnten, dass die meisten Erkrankungen ambulant behandelbar sein können, wenn man Eltern die Möglichkeit einräumt, mehrere Male täglich zum Arzt zu kommen. Die vielen Kinderspitäler, die Wien hat, sind aus meiner Sicht schon lange nicht mehr notwendig. Aber niemand schafft es, diese Einrichtungen für andere Bereiche umzufunktionieren, zum Beispiel für die Kinderrehabilitation oder Behindertenbetreuung. Die Zukunft der Kinderheilkunde wird meiner Meinung nach schwerpunktmäßig im ambulanten Bereich liegen. Glücklicherweise werden nur noch ganz wenige Erkrankungen eine Spitalsaufnahme erforderlich machen. Darum erscheint es notwendig, dass einerseits die Ausbildung zum Kinderfacharzt auf zeitgemäße Beine gestellt wird, und andererseits die Gesundheitspolitik Krankheitsbilder zentralisieren wird müssen. Denn: Ein Zentrum ist häufig mit seltenen Erkrankungen konfrontiert und trägt daher zur Sicherheit und Qualität der medizinischen Behandlung bei.

 

 

Kindermedizinisches Zentrum Augarten (KIZ Augarten)
Obere Augartenstraße 58
1020 Wien
 
T: 01/ 216 09 19
www.kizaugarten.at
 
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag 09:00-13:00 und 14:00-18:00 Uhr
Samstag 09:00 – 13:00 Uhr
Sonntag 09:00-13:00 Uhr

Weitere Kinderambulanzen in Wien:

Krankenanstalt Rudolfstiftung
Juchgasse 25 (Eingang: Boerhaavegasse 13, Erdgeschoß rechts)
1030 Wien
T: 01/ 711 65-2611

St. Anna Kinderspital
Kinderspitalgasse 6
1090 Wien
T: 01/ 40 170-2100

Allgemeines Krankenhaus AKH
Währinger Gürtel 18-20
1090 Wien
T: 01/ 404 00-32 290

SMZ-Süd, Kaiser-Franz-Josef Spital mit Preyer’sches Kinderspital
Kundratstraße 3
1100 Wien
T: 01/ 601 91-0

Wilhelminenspital
Flötzersteig 4
1160 Wien
T:01/ 491 50-2820

Donauspital SMZ-Ost
Langobardenstraße 122
1220 Wien
T: 01/ 288 02-4302 oder 4303

Kinderambulanz GZ Wien-Nord
Karl-Aschenbrenner-Gasse 3
T: 01/ 60122-40 224