Manchmal kommen Menschen ganz schnell an ihre Grenzen. Die Coronapandemie hat wohl jedem von uns die persönlichen Grenzen aufgezeigt. Gerade Kinder und Jugendliche sind in ihrer normalen Entwicklung von psychischen Problemen betroffen. Die Pubertät ist oft eine schwierige Zeit und ein langer Lockdown mit Schule via Videostream macht es noch schwieriger. Niemand wird die Notwendigkeit von Schulpsychologen anzweifeln. Umso mehr macht einen die Nachricht betroffen, dass es in ganz Österreich nur 181 Schulpsychologen für 1,1 Millionen Schüler << öffnet in einem eigenen Fenster gibt. Das sind 6.077 Schüler auf jeden Psychologen!
Welche Aufgaben hat ein Schulpsychologe?
Die Schulpsychologie steht als psychologische Beratungseinrichtung der Bildungsdirektion den Schülern, Lehrenden sowie Erziehungsberechtigten und Leitungspersonen im österreichischen Schulwesen bundesweit zur Verfügung. In allen Bildungsregionen gibt es Beratungsstellen und deren Leistungen sind kostenlos und vertraulich.
Schulpsychologen sind für eine Vielzahl von Themen da. Sie kümmern sich um Lern- und Motivationsprobleme, Überforderung, Prüfungsangst und Zukunftssorgen. Sie sind Ansprechperson bei psychosomatischen Beschwerden und Perspektiven- / Orientierungslosigkeit. Und sie helfen bei schwierigen Situationen zu Hause, Gewalterfahrung und anderen Krisensituationen.
Wie sieht die Situation in Wien aus?
Wirft man einen Blick auf die Zahlen für Wien kommt Ernüchterung auf. Denn laut Bildungsdirektion Wien << öffnet in einem eigenen Fenster gibt es In Wien nur 25 Planstellen für Schulpsychologen. Ein Schulpsychologe ist also im Durchschnitt für die Betreuung von 10.000 Schülern, deren Eltern sowie 900 Lehrer*innen zuständig. Ein unhaltbarer Zustand wie ich finde.
Diese 25 Schulpsychologen geben durchaus ihr Bestes und führen pro Schuljahr viele Aktivitäten durch:
- Ca. 37.000 Beratungen von Schüler*innen, Eltern und Lehrerinnen beziehungsweise Lehrern
- Circa 5.000 psychodiagnostische Untersuchungen
- Etwa 4.000 schriftliche Sachverständigengutachten
- Psychologische Behandlungen von rund 500 Schüler*innen
- Längerfristige Beratung von circa 600 Eltern
- Beratung von circa 400 Lehrer*innen in persönlichen Problemen
- Konfliktbearbeitungen an Schulen
- Moderationen an Schulen
- Schulpsychologische Sprechtage/Sprechstunden
- Mitwirkung in der Lehrerfortbildung
- Schulbesuche (im Gesamtausmaß von circa 24.000 Stunden jährlich)
Mehr Schulpsychologen und neue Zugänge
Es ist für jeden leicht verständlich, dass 6.077 oder gar 10.000 Jugendliche pro Schulpsychologen keine ordentliche und sinnvolle Betreuung möglich machen. Auch hier fehlen Mittel in unserem Gesundheitssystem und es braucht mehr Planstellen für zusätzliche Schulpsychologen. Und diese Mittel sind eine gute und sinnvolle Investition. Je früher Jugendliche mit ihren Sorgen und Problemen aufgefangen werden, desto weniger treten später psychische Krankheiten auf. Wie schwierig die Situation für Familien in so einem Fall ist, habe ich hier beschrieben.
Auch könnte der Zugang zu den Schulpsychologen mit Onlinezugang – wie beim distance learning – einfacher und niedrigschwelliger gestaltet werden. Die technischen Voraussetzungen sind nach über einem Jahr der Pandemie ja überall erfüllt.
Sollten sie oder jemand den sie kennen Hilfe benötigen, die Telefonhotline ist von Mo-Fr 8-20 Uhr und Sa 8-12 Uhr erreichbar (kostenlos & vertraulich): 0800 211320. Eine Übersicht der schulpsychologischen Beratungsstellen finden sie hier << öffnet in einem eigenen Fenster und auf dieser Seite << öffnet in einem eigenen Fenster.
Mein Appell: Die psychosoziale Versorgung von Kindern und Jugendlichen ist in unserem Land schlecht aufgestellt. Psychische Krankheiten verursachen großes Leid bei den Betroffenen und einen volkswirtschaftlichen Schaden. So weit muss es nicht kommen und gerade deshalb braucht es mehr Schulpsychologen für das Wohl unserer Kinder.
Ihr Franz Bittner